Franzosen gehen auf Entdeckungsreise in Norden
KULTUR Barbara Kleen weiht die Schüler im Ostfriesischen Teemuseum in die Teezeremonie ein – Schwarztee kommt gut an
Keiner der Schüler aus Metz war zuvor in Ostfriesland. Sie genießen den Aufenthalt aber trotz Sturms und Regens sehr.

NORDEN/AIR – „Ich kann kein Französisch“, gibt die stellvertretende Bürgermeisterin Barbara Kleen im Gespräch kurz vor Beginn der Begrüßungsveranstaltung zu. „In der Schule habe ich Latein und Griechisch gelernt“, sagt sie. Aber das ist überhaupt kein Problem, wie sich nur Minuten später im Rummel des Alten Rathauses herausstellt. Denn die 29 französischen Austauschschüler, die im Rahmen des Austauschprogrammes des Ulrichsgymnasiums Norden (UGN) mit der französischen Schule Lycée Fabert seit Sonnabend in der Region sind, sprechen sehr gut deutsch. So kann Kleen die Ansprache auf Deutsch durchführen und die anwesenden Lehrkräfte der französischen Schülerschaft, Mathilde Puche und Bénédicte Goutière müssen nicht übersetzen.
Gespannt lauschen die Schüler den Äußerungen Kleens, als sie erklärt, wie standesgemäß in Norden und Umgebung Tee getrunken wird. Leicht verwundert wirken sie, als Kleen darauf hinweist, dass der Löffel keinesfalls zum Umrühren gedacht ist. Als sie aufklärt, dass dieser nach dem Verzehr von mindestens drei Tassen in die Tasse gestellt wird, um zu signalisieren, dass man keinen Tee mehr möchte, fängt der eine oder andere an zu schmunzeln.
Ansonsten wirken die Schüler sehr wissbegierig, einige erkunden die Örtlichkeit und viele machen Fotos von den Mitschülern. „Das ist auch für den Reisebericht gedacht, den sie erstellen sollen, wenn wir zurück inFrankreich sind“, klärt Puche auf. Auf Nachfrage erklären die Schüler, dass sie selbst noch gar nicht in der Region waren. „Aber es erinnertmichandie Niederlande“, sagt eine der Schülerinnen und die anderen stimmen zu. Aber schön sei die Region. „Nur etwas stürmisch und nass“, ergänzt einer der Franzosen.
In Deutschland waren sie fast alle schon des Öfteren. Die Schüler der 11. Klasse des französischen Gymnasiums sind sprachlich auch sehr gut aufgestellt. Die Kommunikation klappt nahezu problemlos. Und als es im Gespräch doch einige Schwierigkeiten gibt, hilft eine Schülerin, die schon „unzählige Male in Deutschland war“, wie sie selbst sagt. Denn sie habe hier Verwandte und sei deshalb quasi zweisprachig aufgewachsen. Deutsch ist für sie daher überhaupt kein Problem.
Eine andere Schülerin schwärmt von einer anderen Region in Deutschland: Saarbrücken. Dort würde sie oft zum Einkaufen hinfahren und ist immer ganz begeistert, wenn sie mit Freunden oder ihrer Familie die Reise antreten kann.
Die Franzosen, die Sonnabend in Norden mit dem Bus angekommen sind, freuen sich während ihres einwöchigen Aufenthaltes ganz besonders auf den Besuch der Insel Norderney. Viel haben sie schon darüber gelesen, erzählen sie. „Viele Bilder gesehen und auch Videos“, heißt es im Gespräch. Und das sehe sehr vielversprechend aus.
Den gestrigen Vormittag verbrachten die Schüler noch mit im Unterricht im UGN, nachmittags stand dann die Begrüßung durch die stellvertretende Bürgermeisterin auf dem Plan. Heute fahren sie nach Oldenburgundbesuchen das Ratstheater und sie erwartet eine Führung. „Sie erhalten einen einzigartigen Einblick hinter die Kulissen“, erzählt Carola Nolte, Französischund Deutschlehrerin am UGN. Außerdem besucht ein Teil der Gruppe das Prinzenpalais und ein anderer besichtigt das Oldenburger Schloss.
Am Mittwoch werden die Schüler das Nationalpark- Haus auf Norderney besichtigen und an einer Strandwanderung unter dem Titel „Meereskunde“ teilnehmen. „Bei gutem Wetter. So, wie wir es bestellt haben“, sagt Puche und schmunzelt.
Der Donnerstag startet für die 29 Franzosen mit einem Unterrichtsbesuch und am Nachmittag steht ein vielfältiges Sportprogramm in der Conerus-Halle auf dem Plan. Am Freitag sind sie bei der Firma Doepke zu Gast. Dort werden den Schülern einerseits die firmeninternen Abläufe präsentiert und gezeigt, wie wichtig der Sicherheitsaspekt in Bezug auf elektrische Geräte ist, aber es bleibt auch genug Zeit für eine Teepause auf ostfriesische Art. Zudem sollen die 16- bis 17-Jährigen auch die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen. „Ich hoffe, die Schüler haben sich da auch gut vorbereitet“, so Puche. Nachmittags präsentiert Organist Thiemo Janssen die Arp-Schnitger-Orgel und wird auch sein musikalisches Können unter Beweis stellen. Und am Sonnabend ist der einwöchige Aufenthalt in Ostfriesland dann auch schon wieder vorbei und die Schüler besteigen den Bus zurücknach Metz.

Kulturelle Bereicherung
Die Lehrkräfte auf deutscher und französischer Seite sind stolz und froh, den Schülern diese Möglichkeit geben zu können: „Es ist immer wieder toll zu sehen, wie viel die Schüler lernen. Auch die Selbsterkenntnis, dass sie Fortschritte gemacht und sich gut verständigen können, ist jedes Mal schön“, sagt Puche. Und Nolte, die zum mittlerweile 19. Mal dabei ist, betont im Gespräch auch, wie schön es sei, noch Jahre später von ehemaligen Schülern auf das Austauschprogramm angesprochen zu werden: „Dann merke ich immer, wie prägend das für sie war. Einfach klasse.“
Aber auch für die Lehrerinnen selbst ist es immer wieder eine tolle Möglichkeit, die eigenen Sprachfertigkeiten zu erweitern und eventuelle Fehler auszubessern. „Und wir können jeweils eine Woche in die deutsche beziehungsweise französische Welt eintauchen. Kino, Zeitschriften in der jeweiligen Landessprache oder auch das Fernsehen, das ist einfach jedes Mal wieder toll und bringt einen selbst auch voran“, so Nolte.

Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 05.03.2019, Seite 4.