UNTERRICHT UGN-Schulleiter über den „Brandbrief“ der Verbände zu Abordnungen
NORDEN /ISH – Kurz vor Ende des Schuljahres 2017/18 schlagen der Verband der Elternräte der Gymnasien und der Philologenverband Niedersachsen in einem „Brandbrief“ noch einmal Alarm. Vehement kritisieren beide Gruppierungen die Abordnung von Gymnasiallehrern an die Grundschulen.
Das hatte schon zu Beginn des Schuljahres, damals noch auf Anweisung von Frauke Heiligenstadt (SPD), für viel Aufregung und Protest gesorgt. Auch unter Heiligenstadts Nachfolger im Amt des Kultusministers, Grant Hendrik Tonne (ebenfalls SPD), hat sich an dieser Praxis bisher nichts geändert. In Norden sieht Wolfgang Grätz, Leiter des Ulrichsgymnasiums (UGN), das Thema derzeit allerdings gelassen. Obwohl auch von seiner Schule im zweiten Halbjahr erstmals Lehrkräfte an Grundschulen aushelfen mussten.
So waren seit Februar Gymnasiallehrkräfte in Lintel, Hage und Berumerfehn tätig. Sechs Wochenstunden Englisch in Hage, drei Sportstunden in Berumerfehn, zwei Musikstunden in Lintel, dazu in Lintel die Betreuung von Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag für jeweils zweieinhalb Stunden. Grätz ist vorsichtig mit der Kritik, wie sie die beiden Verbände gegenüber dem Kultusministerium massiv vorgetragen haben. Da war von sträflichen Fehleinschätzungen politisch Verantwortlicher die Rede. Abordnungen dienten nur dazu, den Mangel an Lehrkräften zu verschieben, hieß es. Tatsächlich aber komme es zu hohen Unterrichtsausfällen, beklagten die Verfasser. Durch die vielen Überstunden der Lehrer sei eine „arbeitszeitrechtliche Zeitbombe“ entstanden, die spätestens zum Schuljahr 2010/21 zu einem dramatischen Einbruch der Unterrichtsversorgung führen und ein politisches Beben auslösen werde, prognostizierten sie in dem Brief, der an alle Landtagsabgeordneten gerichtet ist (wir berichteten bereits im überregionalen Teil unserer Zeitung). „Ich kann verschieben“, sagte Grätz relativ entspannt und verwies auf sein Privileg, 104 Lehrkräfte in den eigenen Reihen zu haben und zudem auf die aus seiner Sicht außerordentlich gute Zusammenarbeit und Kooperation mit der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Hage und der Conerus Schule in Norden. Das eröffne Möglichkeiten. Auch zu anderen Schulen pflege man Kontakte, betonte Grätz, unabhängig von der Schulform. So verständige man sich beispielsweise auch mit der Integrierten Gesamtschule (IGS) in der Krummhörn.
Schon im ersten Halbjahr sei zudem eine Lehrkraft für Spanisch nach Emden abgeordnet gewesen. Es werde grundsätzlich versucht, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Und da sieht Grätz an größeren Schulen mit mehr Lehrkräften entsprechend mehr Möglichkeiten und im Zweifel eben auch Puffer: „Eine kleine Grundschule kann nicht so einfach reagieren und verschieben wie wir“, äußerte er Verständnis für die mancherorts brisante Lage in Schulen mit nur sehr wenig Lehrkräften. Grundsätzlich sieht der UGN Leiter nicht nur Kritikwürdiges an solchen Abordnungen und berichtet von den guten Erfahrungen der Kollegen: „Das ist interessant. Und sie lernen. Dort geht es anders zu als bei uns – lebhafter!“ Ihm sei es wichtig gewesen, Freiwillige für die zu besetzenden Stellen in den Grundschulen zu finden. Und das sei gelungen.
Natürlich fehlten die Lehrkräfte, die Stunden am UGN, aber es solle nun einmal versucht werden, eine insgesamt so weit wie möglich gleiche Unterrichtsversorgung herzustellen. Am Gymnasium habe man das einigermaßen auffangen können: „Die Reibungsverluste waren relativ gering.“ Der UGN Leiter betonte aber auch: „Das ist nicht repräsentativ.“
Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 07.06.2018, Seite 3.