AUSSTELLUNG Im Kunstgebäude des Ulrichsgymnasiums geht es nicht nur um Historie- Auch das Leben heute ist Thema
Ab Donnerstag ist die Ausstellung für jedermann zu sehen.

NORDEN/ISH – Ganz bewusst haben die Organisatoren sich für das Kunstgebäude des Norder Ulrichsgymnasiums (UGN) als Ausstellungsort für „Deine Anne – Ein Mädchen schreibt Geschichte“ entschieden. „Hier am Fräuleinshof führte am 30. Januar 1933 der Fackelzug vorbei“, erklärt Dr. Jörg Rademacher, Lehrer am UGN. Nationalsozialisten feierten die Machtübernahme, Adolf Hitler war Reichskanzler. Gut 84 Jahre später zieht die Geschichte der deutschen Jüdin Anne Frank hier ein. Und mit ihr die Auseinandersetzung nicht nur mit der Historie, sondern auch mit der Gegenwart.
Das ist Rademacher und Kerstin Krüger von der Stadt Norden als Mitorganisatorin besonders wichtig: Die Ausstellung, die das Anne Frank Zentrum aus Berlin zur Verfügung stellt, soll natürlich ausführlich das Leben des Mädchens, das rund zwei Jahre versteckt in Amsterdam lebte, dann entdeckt und deportiert wurde und schließlich in Bergen-Belsen ums Leben kam, in Erinnerung rufen. Ein ganzer Raum steht dafür zur Verfügung. Der zweite Raum aber steht für die Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Und zwar die persönliche. Grenze ich andere aus? Wie gehe ich mit den augenblicklichen Geschehnissen um, denen in der Welt, denen vor Ort, denen in meiner unmittelbaren Umgebung? Das Ganze soll dabei nicht nur anhand von Texten auf großen Aufstellern erklärt werden, sondern bietet an den verschiedensten Stellen auch reichlich Platz für Interaktion.
Vincent Wechselberger hat sich intensiv mit der Thematik, die in der Ausstellung behandelt wird, auseinandergesetzt. Der Österreicher leistet im Anne-Frank-Zentrum seinen Zivilersatzdienst – in Österreich gilt noch die Wehrpflicht. Der 19-Jährige entschied sich stattdessen für einen gut zwölf Monate dauernden Einsatz als Gedenkdienstleistender. Norden ist die vierte Wanderausstellung, die er zusammen mit Techniker Lars Erichsen sowie Schülern und Mitarbeitern der Stadt Norden aufbaut. Und: Er wird heute und morgen 20 Schüler des UGN zu Peer-Guides ausbilden. Diese Schüler aus den Jahrgängen neun bis zwölf führen Interessierte anschließend durch die Ausstellung (siehe Kasten).
Morgen um 19 Uhr wird die Ausstellung, die die Schule dank der Unterstützung der Stadt Norden, der Robert-Bosch-Stiftung und dem Sozialraummanagement des Landkreises Aurich nach Norden holen konnte, offiziell eröffnet – dann aber nur für geladene Gäste.
Der Abend soll bewusst auch die lokale Bedeutung der Geschehnisse während der Zeit des Nationalsozialismus in den Fokus rücken. Im Rahmen einer Projektwoche hatten sich Schüler mit der jüngeren Schulgeschichte befasst und nachgeforscht, was aus jüdischen Schülern ab den 1930er-Jahren in Norden geworden war.
Dieses Projekt, für das sich neben Schulklassen auch schon Konfirmanden angemeldet haben, habe man ganz bewusst 2017 nach Norden geholt, sagte Kerstin Krüger im Rahmen eines Pressegesprächs. Es gehöre mit in die Veranstaltungen der 450-Jahr-Feier des UGN, zudem beteiligten sich andere Institutionen der Stadt. Krüger kündigte einen Gottesdienst der Ludgeri-Kirchengemeinde zum Thema an (Termin steht noch nicht fest) und eine Lesung in der Stadtbibliothek am 25. August um 19 Uhr. Dort werden unter anderem Texte aus dem Anne-Frank-Buch gelesen, außerdem trägt die Auricher Schülerin Anne Helm, Bezirkssiegerin im Vorlesewettbewerb der sechsten Klassen, einen Textauszug von Eva Erbens Buch „Mich hat man vergessen“ vor (wir berichteten).

ÖFFNUNGSZEITEN

Die Ausstellung „Deine Anne – Ein Mädchen schreibt Geschichte“ im Kunstgebäude des Ulrichsgymnasiums ist ab Donnerstag, 17. August, für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar montags bis freitags in der Zeit von 9 bis 17 Uhr. Öffentliche Führungen sind jeweils mittwochs und freitags ab 15.30 Uhr. Gruppen sollten sich vorher bei der Schule anmelden (Telefon 04931/93720). Der Eintritt ist frei, um eine Spende für das Anne Frank Zentrum wird gebeten. Die Ausstellung ist bis zum 11. September zu sehen. Für die Nachmittage werden noch Freiwillige gesucht, die sich als Aufsicht zur Verfügung stellen. Wer Interesse hat, kann sich bei der Stadt melden (Telefon: 04931/924221).

Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 15.08.2017, Seite 4.